Im Raum der Kritik. Literarischer Kommunismus oder unmögliche Gemeinschaft bei Maurice Blanchot

Am 3. Oktober 1962 war im Spiegel eine kurze Nachricht zu lesen, in der »[e]ine europäische Literaturzeitschrift« angekündigt wurde, »deren erstes Heft Mitte 1963 erscheinen soll[te]« und die »gemeinsam von den Verlagen Suhrkamp (Frankfurt), Gallimard (Paris) und Einaudi (Turin) vorbereitet« wurde. Als Chefredakteur der deutschen Ausgabe wird Uwe Johnson genannt, während die französische Ausgabe zunächst von Michel Butor und dann Maurice Blanchot und die italienische von Elio Vittorini geleitet werden soll. Unterstützt werden sie in den jeweiligen nationalen Redaktionen durch das Who’s who? der damaligen Literatur- und Kritikerszene; auf der französischen Seite: Robert Anthelme, Michel Leiris, Dionys Mascolo, Maurice Nadeau, Louis-René des Forêts und phasenweise Roland Barthes; auf der deutschen Seite: Ingeborg Bachmann aus Österreich, ferner Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Helmut Heißenbüttel, Martin Walser und der Lektor Walter Boehlich; auf der italienischen Seite: Italo Calvino und Francesco Leonetti, mit Unterstützung durch Albert Moravia und Pier Paolo Pasolini. Und doch war dieses so namhafte Ensemble kein Garant dafür, dass dieses so ambitionierte wie kühne Projekt realisiert werden konnte. Ganz im Gegenteil, die Differenzen zwischen den Gruppen, vor allem zwischen der deutschen auf der einen Seite und der französischen und italienischen auf der anderen Seite, waren scheinbar unüberwindbar: das Projekt scheitert.

Jenseits der bisher vorgebrachten Gründe, die fast ausnahmslos das Scheitern in persönlichen Befindlichkeiten der Teilnehmenden gesucht haben, wollen wir mit unserem ersten Workshop der These nachgehen, dass das Scheitern etwas mit den unterschiedlichen Vorstellungen von Form und Funktion literarischer Kritik zu tun hat und dies an Texten von und über Maurice Blanchot überprüfen.


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